Immobilien-Crash oder Korrektur

Immobilien-Crash oder Korrektur

 

 

Sobald die Zentralbanken anfangen an der Zinsschraube zu drehen, steigen die Ängste vor einem Immobiliencrash.

Wie ist die momentane Situation?

 

Der US-Immobilienmarkt

 

Für den US-Immobilienmarkt wird das Jahr 2023 als herausfordernd gesehen. Die Meinungen der Analysten sind widersprüchlich und gehen von einem Zusammenbruch, bis zu einem verhaltenen Markt mit einem einstelligen jährlichen Wachstum aus. Der grosse Teil der Immobilienexperten sieht keine Anhaltspunkte, dass die Immobilien der Auslöser für einen Absturz oder für eine Rezession sein werden.

Der Hypothekensektor hat Maßnahmen ergriffen, um eine Wiederholung der Großen Rezession zu verhindern, und die meisten notleidenden Hypotheken wurden aus dem System entfernt. Der Wohnungsmangel besteht weiterhin und die Wohnungsnachfrage der Millennials und der Generation Z dürfte weiterhin stark bleiben. Zwar könnte es zu einem Nachfragerückgang kommen und der pandemiebedingte Immobilienboom könnte sich etwas abschwächen. Eine Überhitzung ist nicht auszumachen.

Als Risiko wird ein möglicher Zahlungsausfall der USA gesehen. Ein Zahlungsausfall wird als unwahrscheinlich angesehen und die Reaktion wird eher ein Freeze sein. Also ein Einbruch der Bautätigkeit und ein Rückzug der angebotenen Immobilien aus dem Markt.

Kritischer sieht es bei den Gewerbeimmobilien aus und da hauptsächlich im Bürosektor. Durch die Corona-Lockdowns haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelernt, dass der Geschäftsbetrieb nicht zusammenbricht, wenn man auf teure Büroflächen verzichtet und die Arbeit im Homeoffice erledigt. Die Nachfrage nach Büroflächen ist merklich zurückgegangen und die Leerstandsraten sind in die Höhe geschnellt.

Doch wo die Nachfrage sinkt, fallen nicht nur die Mietpreise, sondern auch die Immobilienbewertungen. Für Eigentümer und Banken ist das gleichermaßen ein Problem, denn viele der Gebäude wurden während der Fed-Niedrigzins-Ära errichtet und der damalig hohe Immobilienwert bei den Regionalbanken als Sicherheit hinterlegt.

Nun schmelzen diese Sicherheitsleistungen kontinuierlich, während Anschlussfinanzierungen zu viel höheren Zinsen ins Haus stehen. Es droht eine Pleitewelle, die auch die Bilanzen der Banken in Schieflage bringen wird.

 

Der Immobilienmarkt in Europa

 

In Europa glaubt man gerne daran, dass der Einbruch der Gewerbeimmobilien ein rein amerikanisches Problem ist. Immerhin hat man die Corona-Massnahmen und den vergangenen Winter überstanden, ganz ohne Rezession, Blackout und Massenausschreitungen. Aber wie so oft trügt der Schein, denn der europäische Immobilienmarkt bewegt sich auf den Abgrund nicht nur zu, er ist bereits im freien Fall.

Immobilienunternehmen gehören in Europa zu den großen Verlierern an der Börse. Vor allem das letzte halbe Jahr war dramatisch für Immo-Aktien, wie der breit aufgestellte Stoxx Europe 600 Real Estate Index zeigt. Ende November notierte der Index noch bei knapp 200 Punkten – und aktuell handelt er um die 111 Punkte. Unter anderem ist die Zinswende eine Bedrohung für Immobilienbewertungen. Der Trend zum Homeoffice auch nach der Pandemie ist nicht abgeebbt und bei den Zinsanhebungen der EZB ist auch noch kein Ende in Sicht.

Seit Herbst 2021 stürzen die Kurse von Immo-Aktien ab. Hierzulande mussten Wohnungskonzerne wie Vonovia und LEG heftige Kurseinbrüche verkraften. In der Spitze lag der Wertverlust bei etwas über zwei Dritteln. Doch seit dem Tiefpunkt Ende März haben sich die Aktien etwas stabilisiert. Die Börse preist hier einmal mehr die Zukunft ein. Denn höhere Diskontierungszinssätze könnten die Bewertungen von Immobilien bald dahinschmelzen lassen – und die Konzernbilanzen gleich mit. Während die Preise für Wohnimmobilien bislang nur moderat fallen, hat sich die Preiskorrektur bei Gewerbeimmobilien zuletzt beschleunigt, wie der vdp-Immobilienpreisindex zeigt. Wie Bloomberg berichtet, ist mit weiterem Druck auf den Sektor zu rechnen, da steigende Zinssätze die Finanzierungskosten weiter in die ansteigen und sich der Ausblick für die Entwickler von Gewerbeimmobilien zunehmend eintrübt.

Immo-Aktien: Probleme bei Gewerbeimmobilien

Ein Vorbote der Probleme scheint Schweden zu sein. Dort hat der Gewerbeimmo-Riese SBB nach einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit die Ausschüttung von Dividenden gestoppt und eine Bezugsrechtsemission abgesagt. Schlechte Nachrichten für den Stoxx 600 Real Estate Index, der seit seinem Höchststand im August 2021 um 45% gefallen ist und damit rund 140 Milliarden Euro an Marktwert eingebüßt hat. Citi-Analyst Aaron Guy schätzt, dass der Wert von Gewerbeimmobilien in Westeuropa um bis zu 40% sinken könnte. Dies könnte wiederum Kreditvereinbarungen verletzen und damit bis zu 178 Milliarden Euro an frischen Mitteln erforderlich machen — mehr als die gesamte Marktkapitalisierung des Sektors von 144 Milliarden Euro. In den europäischen Immo-Aktien ist inzwischen viel Schlechtes eingepreist. Ist der Zeitpunkt also schon da, um auf eine Wende zu spekulieren? Schwer zu sagen, denn die Preiskorrektur von Immobilien könnte sich noch weiter fortsetzen.

Noch unbeobachtet von der Öffentlichkeit sind die Probleme des Immobiliensektors Deutschlands.

„Wir erleben jetzt eine Krise, die alle Krisen, die wir vorher hatten, in den Schatten stellt“, sagt Immobilien-Unternehmer Christoph Gröner in einem Interview mit dem Nachrichtensender „ntv“ und weiter: «Überall werden Bauprojekte abgesagt, Wohnungsprojekte werden nicht mehr realisiert». Gröner nennt als Gründe die gestiegenen Zinsen, die höheren Energiekosten sowie Lieferkettenprobleme. Dass die Krise noch nicht sichtbar sei, liege vor allem daran, dass die Immobilienwirtschaft noch sehr viele nachlaufende Bauaufträge habe. Allerdings wisse das eine oder andere Handwerkerunternehmen schon jetzt, dass es „ab Herbst dünn wird“.

Den Konzernen mit den Wohnportfolios geht es auch nicht besser. Wie sich erst im Nachhinein herausstellte, konnte die Vonovia bei ihrem jüngsten Milliardenverkauf an Apollo den Buchwert eines Wohnungsportfolios nicht annähernd realisieren.

Keine Impulse sind von der Politik zu erwarten, die dem strauchelndem Immobilienmarkt eher noch Klötze zwischen die Beine wirft.

 

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