07 Aug Schlimmer als erwartet – Deutsche Unternehmen fahren Produktion herunter!
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Juni überraschend stark gedrosselt.Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 1,5 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 0,5 Prozent gerechnet.
Keine Besserung in Sicht
Im Mai ergab sich ein Rückgang um revidiert 0,1 Prozent. «Die schlechte Stimmung bei Unternehmen deutet auf eine anhaltende Lethargie hin», sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. «Für das laufende Quartal scheint ein kleines Produktionsplus das höchste der Gefühle zu sein.» Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer erklärte: «Die deutsche Wirtschaft dürfte im zweiten Halbjahr erneut schrumpfen.»
Die Industrie allein stellte im Juni 1,3 Prozent weniger her als im Vormonat. «Der Ausblick für die Industriekonjunktur bleibt trotz der zuletzt wieder zunehmenden Nachfrage eingetrübt, weil diese stark durch Schwankungen bei Großaufträgen geprägt war», kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung. «Angesichts der gedämpften Geschäfts- und Exporterwartungen der Unternehmen ist eine spürbare Erholung derzeit noch nicht absehbar.»
Commerzbank-Fachmann Krämer betonte: «Das Minus im Juni gibt einen Vorgeschmack auf die schlechten Produktionszahlen, die sich für die kommenden Monate abzeichnen.» Denn der Trend bei den Auftragseingängen weise seit langem nach unten. «Außerdem haben die Unternehmen Umfragen zufolge die während Corona liegen gebliebenen Aufträge bereits abgearbeitet.»
Die angeschlagene Industrie hat sich zuletzt mit einer überraschend hohen Zahl an Bestellungen etwas erholt – auch wegen Großaufträgen aus der Luft- und Raumfahrtbranche. Ihre Aufträge legten im Juni um 7,0 Prozent zum Vormonat zu und damit so stark wie seit drei Jahren nicht mehr. Schon im Mai hatte es mit 6,2 Prozent einen ungewöhnlich kräftigen Zuwachs gegeben.
Allerdings deuten Frühindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima darauf hin, dass die drei Quartale in Folge nicht mehr gewachsene deutsche Wirtschaft nach wie vor in einer Konjunkturflaute steckt. So meldete die Baubranche – die unter hohen Zinsen und einer Auftragsflaute leidet – im Juni einen Produktionsrückgang von 2,8 Prozent. Die Energieversorger stellten hingegen 0,6 Prozent mehr her als im Monat davor.
Der Druck auf die Politik steigt
Wie immer, wenn eine verfehlte Wirtschaftspolitik in der Realwirtschaft ankommt, steigt die Lust, die Fehlentwicklungen mit Steuergeldern/Subventionen zuzuschütten.
Die oppositionelle Union fordert mit einem Fünf-Punkte-Sofortprogramm, in Richtung einer Entlastung der Gesamtwirtschaft, wie etwa mit der Senkung der Stromsteuer und Netzentgelte sowie einem Moratorium für Bürokratieauflagen für Firmen.
CSU-Chef Markus Söder hatte sich am Sonntag dabei gegen einen subventionierten Industriestrompreis ausgesprochen, von dem nur wenige Betriebe profitieren würden. Zudem wollen CDU und CSU Bedingungen für Abschreibungen verbessern und die Grunderwerbssteuer senken.
Aber auch innerhalb der Ampel-Koalition häufen sich die Forderungen angesichts der Rückkehr von Kanzler Olaf Scholz aus dem Urlaub. Die Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang brachte erneut ihre Forderung nach einem Investitionsprogramm, das auch SPD-Chefin
Saskia Esken befürwortet, ins Spiel. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) hat bessere Abschreibungsbedingungen für den Wohnungsbau vorgeschlagen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) wiederum hatte ein Steuerentlastungspaket für Unternehmen angekündigt.
Die Ampel-Koalition sollte nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) den Rufen nach einem Konjunkturpaket mit weiteren Subventionen und Steuersenkungen widerstehen. «Ein Konjunkturprogramm, das der mächtigen Unternehmenslobby lediglich weitere Milliarden schenkt, wäre kontraproduktiv, würde zu Mitnahmeeffekten führen und nichts an den wirtschaftlichen Problemen ändern», sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Deutschland habe kein konjunkturelles, sondern ein strukturelles Problem. Wichtiger sei «ein langfristig angelegtes Transformationsprogramm, mit einer Investitionsoffensive, einer breit angelegten Entbürokratisierung und einer Stärkung der Sozialsysteme».
Zeit für die Antizykliker?
Das monatliche Barometer der Beratungsfirma Sentix für die Konjunkturerwartungen von Börsianern in der Euro-Zone hellte sich im August nach drei Rückgängen leicht auf. Der Index für Deutschland hingegen fiel den vierten Monat in Folge und sackte auf den tiefsten Wert seit Oktober 2022. «Die größte Volkswirtschaft in der Euro-Zone entwickelt sich zum kranken Mann Eurolands und belastet die Region», erklärte Sentix. Offenbar mache die hiesige Wirtschaft eine Vollbremsung.
Bridget Mollette
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